Hirschkäfer

Der Hirschkäfer in Hessen

Der Hirschkäfer gehört zu den größten und auffälligsten Käfern in Europa.

Der Hirschkäfer (Lucanus cervus) ist der größte europäische Käfer und gehört zur Familie der Schröter (Lucanidae). Die Larven des Hirschkäfers leben bis zu acht Jahre und sind im letzten Stadium ihrer Entwicklung 100 bis 120 Millimeter groß. Während dieser Zeit ernähren sie sich von in Zersetzung befindlichem, morschem, feuchtem und verpilztem Holz, das sich so mit der Zeit in Mulm umwandelt. Je besser das Nahrungsangebot für die Larve ist, desto größer wird später der Käfer. Im letzten Larvenstadium, im Jahr vor dem Flug, kommt es im Herbst zur Metamorphose: Die Larve verpuppt sich, überwintert als fertiger Käfer und ist dann ab Anfang Mai in Hessen unterwegs. Jetzt muss er sich beeilen, denn der fertig entwickelte Hirschkäfer lebt nur wenige Tage bis maximal acht Wochen. In dieser kurzen Zeit müssen die Männchen Kämpfe gegen rivalisierende Konkurrenten austragen und sich ein Weibchen für die Paarung suchen. Hirschkäferweibchen legen nach der Befruchtung 50 bis 100 Eier in etwa 25 Zentimeter Bodentiefe in der Nähe von morschem Holz (in der Regel Baumstubben) ab. Aus diesen Eiern wird sich die nächste Generation Hirschkäferlarven entwickeln.

Der Lebenszyklus

1. Kampf der Männchen 

Im Sommer beginnt der Lebenszyklus der Hirschkäfer mit dem Kampf der Männchen um die Weibchen. Hierbei entwickeln Hirschkäfer beachtliche Kräfte und können das 100fache ihres Gewichtes bewegen. Das unterlegene Männchen wird, meist ohne sichtbaren Schaden, vom Stamm herabgeschleudert.

2. Paarung

Das siegreiche Männchen kann sich nun mit dem Weibchen paaren.

3. Eiablage

Nach der Befruchtung legt das Weibchen in etwa 25 cm Bodentiefe 50 bis 100 ungefähr 2 mm große Eier in der Nähe von morschem Holz (in der Regel Baumstubben) ab.

4. Larvenstadien

Die frisch geschlüpften Hirschkäferlarven durchleben drei Stadien, um am Ende 100 – 120 mm groß zu werden. Die Larven benötigen dafür meist fünf, zum Teil aber auch sechs bis acht Jahre. Die Hirschkäferlarven ernähren sich in dieser Zeit von in Zersetzung befindlichem, morschem, feuchtem und verpilztem Holz, das sie mit der Zeit in Mulm umwandeln.

5. Verpuppung – Metamorphose

Zur Verpuppung fertigt die Larve aus Erde und Mulm einen faustgroßen Kokon (Puppenwiege), welcher sich ca. 20 cm unter der Bodenoberfläche befindet. Die Larven verpuppen sich noch im Herbst und überwintern bereits als fertige Käfer. Ende Mai sind dann die ersten Tiere in Hessen unterwegs. Die Käfer leben nur wenige Tage bis maximal acht Wochen.

6. Nahrungsaufnahme – fertiger Käfer – und der Kreislauf startet neu

Hirschkäfer sind so genannte „Saftlecker“. Sie nehmen mit Ihren pinselartig gestalteten Mundwerkzeugen Saft von Eichen oder Kastanien auf. Diese kohlenhydratreichen Säfte sind häufig vergoren, so dass die Tiere „betrunken“ herumtorkeln. Saftleckstellen sind zudem beliebte „Rendezvous-Plätze“. Männchen kommen aus bis zu 5 km Entfernung zu diesen Stellen geflogen, um ein Weibchen zu umwerben – der Kreislauf startet nun von vorn.

Wo lebt der Hirschkäfer? 

Der Hirschkäfer bevorzugt alte Eichenwälder, Eichen-Hainbuchen-Wälder und Kiefern-Traubeneichen-Wälder der Ebene und der niederen Höhenlagen. Dabei kommt er insbesondere an lichten, trockenen Stellen in südexponierter Lage vor. Auch alte Parkanlagen und Gärten in Waldnähe werden gerne besiedelt. Charakteristisch für die Art sind Altholzbestände mit einem hohen Anteil von absterbenden Bäumen und Stümpfen (Durchmesser > 40 cm) der Eiche. Die Larven des Hirschkäfers entwickeln sich unter der Erdoberfläche in morschen Wurzelstöcken oder Ästen im
Bodenschluss, manchmal auch an Weidepfählen oder an der hölzernen Umrandung des Komposthaufens. Als Nahrung wird in Mitteleuropa insbesondere Eichenholz angenommen, jedoch wurden viele weitere Baumarten als Brutholz festgestellt. Neben Laubgehölzen wie Obstbäume, Buche, Hainbuche, nimmt der Hirschkäfer manchmal auch das Holz von Nadelbäumen als Larvenlebensraum an. Wie für viele andere Holzinsekten
scheint auch der Einfluss der Sonne auf den Larvenlebensraum von großer Bedeutung zu sein. Die Tiere beziehen vor allem Baumstubben in sonnenexponierte Lage.

Wieso ist der Hirschkäfer gefährdet? 

Der Hirschkäfer gilt in Deutschland als stark gefährdete Art (Rote Liste Deutschland Stufe 2), in Hessen ist er als gefährdet eingestuft (Rote Liste Hessens Stufe 3). Er ist eine der wenigen Käferarten, für die gemäß der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH‑RL) europaweit Schutzmaßnahmen zu ergreifen sind (Anhang II-Art).

Natürliche Feinde der Larven sind Säuger, vor allem Wildschweine, während die Käfer oft von Vögeln (Falken, Rabenvögeln, Eulen, Spechten) erbeutet werden. Eine wirkliche Gefährdung der Art geht aber vor allem vom flächigen Verlust geeigneter Lebensräume aus. Denn die klimatisch begünstigten Tal- und Beckenlagen sind seit Jahrhunderten auch die bevorzugten Siedlungsgebiete des Menschen. Im Rhein-Main-Gebiet, an den Südhängen der Flusstäler und in den hessischen Beckenlandschaften sind daher nur noch Restbestände geeigneter Hirschkäferlebensräume vorhanden. Ein weiterer Faktor ist der durch die Nadelbaumaufforstungen bis in die 1980er Jahre des letzten Jahrhunderts zurückgegangene Laubbaumanteil in den hessischen Wäldern. Insbesondere sehr große, morsche Eichenstümpfe und damit der bevorzugte Lebensraum der Larven des Hirschkäfers sind inzwischen eine Seltenheit. Verschärfend kommt hinzu, dass der Hirschkäfer nur eine geringe Ausbreitungstendenz hat. Der Verlust von geeigneten Brutstätten kann nur in sehr begrenztem Umfang durch Ausbreitungsflüge ausgeglichen werden. Es wird davon ausgegangen, dass neue Habitate nur in einem Umkreis von 2 – 3 km erreicht werden können.

Wie können wir dem Hirschkäfer helfen? 

In seinem Lebensraum braucht der Hirschkäfer zur Larvenentwicklung vor allem große, besonnte Baumstümpfe, am besten von alten Eichen. Als Saftleckstellen für die Käfer werden Bäume benötigt, deren Rinde durch äußere Einflüsse wie Frostriss oder Blitzschlag „blutende“ Stellen aufweist. Im Wald können diese Lebensraumansprüche durch gezielte Maßnahmen, wie einen dauerhaft gleichbleibenden Anteil von alten Eichenbeständen insbesondere auf wärmebegünstigten Standorten, langfristig gesichert werden. Ein gewisser Anteil verletzter und blutender Eichen sollte in den Waldbeständen verbleiben. Die gezielte Förderung von Eichen an südexponierten Waldrändern ist ebenfalls hilfreich. In Hessens Wäldern hat sich in den letzten Jahren der Laubholzanteil erhöht. Durch das Habitatbaumkonzept in der Naturschutzleitlinie von Hessen-Forst wird zusätzlich der Anteil an Altbäumen erhöht. Zum Lebensraum des Hirschkäfers gehört heute neben lichten Wäldern und Waldrändern auch der vom Menschen besiedelte Bereich, also Städte und Dörfer. Der Hirschkäfer besiedelt hier auch deutlich kleiner dimensionierte Holzstrukturen. Immer wieder findet man ihn in alten Bäumen von Parkanlagen oder in alten Obstbäumen in unseren Hausgärten. Nicht selten kommen die Larven auch an hölzernen Kompostumrandungen vor. Hier können Eigentümer mit einfachen Maßnahmen den Hirschkäfer fördern.
Und mit ihm viele andere Arten fördern. Wo immer möglich, sollten alte, blutende und kränkelnde Bäume als Nahrungsquelle und Lebensraum für den Hirschkäfer erhalten werden. Solche Bäume sollten stehen bleiben, solange sie leben und, wenn niemand gefährdet wird, auch darüber hinaus. Mindestens der Stumpf sollte belassen werden und langsam im Boden vergehen. Als Lebensraum für die Larven eignen sich Totholz in Form von Wurzelstubben und starken Ästen mit Erdkontakt. Besonders wertvoll sind besonnte Baumstubben auf tiefgründig lockerem, grabbarem Boden. Eine im Spessart erfolgreich erprobte Fördermaßnahme ist die Anlage von sogenannten „Hirschkäferwiegen“ in lichten Alteichenbeständen. Dazu wird ein Haufen aus mindestens 3 bis 5 Kubikmetern Eichen-Häcksel und -spänen, Eichenrinde und alten Stammteilen über einem älteren Eichenstock angelegt. Alternativ kann auch eine Pyramide aus mehr als 0,30 Meter dicken Eichenstammteilen in einer Grube in wasserdurchlässigem Boden errichtet werden. Hierbei sollten Zwischenräume mit Eichen-Sägemehl verfüllt werden.

 

Auf dem anliegenden Bild sehen Sie den Hirschkäfer, der ebenfalls zu den geschützten Arten gehört.

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