Mit einem Lächeln steht Alexander Göllner im Revier Nentershausen und blickt auf kraterartige Senken zwischen den Buchen. „Das sind Pingen – Vertiefungen imGelände, die durch den Abbau vonBodenschätzen entstanden sind. Solche Relikte gibt’s hier einige.“ Es ist diese Mischung aus Wissen und Begeisterung, die den 28-jährigen Förster auszeichnet. Seit dem 1. Mai ist Göllner nun offiziell neuer Revierleiter in Nentershausen – und gleichzeitig auch ein alter Bekannter. Denn das Revier hat er schon einmal geleitet – zumindest übergangsweise. Im Jahr 2020 war er, gerademal 23 Jahre alt, kommissarisch im Einsatz, bevor sein Nachfolger und nun auch gleichzeitig sein Vorgänger Jürgen Scholl aus Diemelstadt in die Heimat zurückkehrte. Damals wie heute war das Revier Nentershausen kein leichtes. Mit seinen 1600 Hektar, darunter 600 Hektar Kommunal- und Privatwald, verlangt es besonders viel Organisationstalent und Verhandlungsgeschick. Göllner wohnt im Sontraer Ortsteil Mitterode – geografisch perfekt gelegen bei seinem alten Revier Sontra im Forstamt Wehretal und dem neuen in Nentershausen, das zum Forstamt Rotenburg gehört. Und genau zwischen diesen beiden Welten bewegt er sich momentan: „Aktuell bin ich zur Hälfte im Forstamt Rotenburg angestellt und zur anderen Hälfte noch im Forstamt Wehretal“, erklärt er. Erst wenn für Sontra ein Nachfolger gefunden ist – voraussichtlich im Herbst – wird Göllner ganz in seinem neuen Revier Nentershausen ankommen. „Das zeigt den enormen Stellenbedarf, den es bei den Forstämtern in Hessen derzeit gibt“, sagt Steffen Wildmann, Leiter des Forstamts Rotenburg. Und dies sei auch in anderen Forstberufen der Fall. Allein im Forstamt Rotenburg seien von insgesamt 17 Forstwirt-Stellen derzeit vier unbesetzt. „Wir suchen also händeringend auch Forstwirte.“ Früher, so erinnert sich Jürgen Scholl, seien im damals noch eigenständigen Forstamt Nentershausen allein 30 Forstwirte beschäftigt gewesen. Auch deshalb werde nun verstärkt selbst ausgebildet: Ab August wird es dann vier statt bisher zwei Forstwirt-Auszubildende im Forstamt geben. Warum das Revier Nentershausen ein besonders reizvoller Arbeitsplatz ist, wird schnell im Gespräch mit Wildmann, Scholl und Göllner klar: Edellaubholz wie Eichen, Ahorne, Kirschen und Elsbeeren prägen das Bild. Dazukommen seltene Pflanzen wie Orchideen, geschützte Bach- und Wiesentäler, drei große Waldkomplexe – und eben die geschichtsträchtigen Erinnerungen an den Bergbau, wie die Pingen. „Das Revier ist sozusagen das Sahnstückchen unseres Forstamtes“, sagt Wildmann. Göllner selbst ist ein echtes Forsttalent. Nach dem Abitur in Eschwege zog es ihn direkt zum Forststudium nach Göttingen. Mit gerade einmal 22 Jahren schloss er 2018 das Studium ab und absolvierte anschließend seinen Anwärterdienst im Revier Meckbach beim Forstamt Bad Hersfeld. Danach übernahm er eine Reviervertretung in Stölzingen. 2020 kam er erstmals nach Rotenburg – als Betriebsassistent und kommissarischer Revierleiter in Nentershausen und zählte mit 23 Jahren bereits zu den jüngsten Revierleitern Hessens. Heute ist er einer von vier Revierleitern im Forstamt Rotenburg, die Anwärter ausbilden dürfen – eine Aufgabe, die ihm, wie schon seinem Vorgänger Scholl, sehr am Herzen liegt. „Es macht Spaß, junge Leute zu begleiten. Gerade in Zeiten, in denen der Beruf Nachwuchs dringend braucht, ist das besonders wichtig“, findet Göllner. Der Mann, dessen Stiefelspuren Göllner nun wieder folgt, ist Jürgen Scholl. Der 66-Jährige verabschiedete sich Anfang Mai in den Ruhestand. Geboren in Hönebach, begann er seine Forstlaufbahn nach Bundeswehrzeit und Praktikum in – wie könnte es anders sein – Nentershausen. Damals noch ein eigenes Forstamt, kehrte er 2020 nach 26 Jahren im nordhessischen Diemelstadt zurück in die alte Heimat. Er weiß um die Herausforderungen im Kommunal- und Privatwald. „Da muss viel abgestimmt werden – mit Eigentümern, Förderrichtlinien, Pflegeplänen, Holzvermarktung. Und es gibt halt Waldbesitzer mit einem Hektar genauso wie mit 150. “Da brauche es Fingerspitzengefühl, auch wenn es mal um Grenzstreitigkeiten geht. „Dann steht man mit dem GPS-Gerät im Wald und muss vermitteln“, sagt Scholl mit einem Lächeln. Bis zum Schluss hat er den Wald aktiv mitgestaltet, viele neue Kulturen begründet und damit eine solide Basis für seinen Nachfolger gelegt. Ein Staffelstab, den Alexander Göllner gerne annimmt.

Forstamt Rotenburg
Zwischen Pingen und Edellaub
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