Autorin: Carolin Ebert
Rotenburg – Im Wald rund um Rotenburg ist bald wieder vermehrt das Knacken und Sägen von Motorsägen zu hören: Die Holzernte-Saison steht bevor. Etwa ab Mitte Oktober starten die Forstleute des Forstamtes Rotenburg mit der Laubholzernten, wie Forstamtsleiter Steffen Wildmann mitteilt. Dabei geht es nicht nur darum, wertvolles Stammholz zu gewinnen oder Brennholz bereitzustellen, sondern immer auch um den Erhalt stabiler Wälder in Zeiten des Klimawandels.
„Die Försterinnen und Förster achten darauf, dass die verbleibenden Bäume, der Waldboden und damit der Lebensraum für Tiere und Pflanzen pfleglich behandelt werden“, betont Wildmann. Dennoch sei das Betreten der Flächen, auf denen gerade Holz geschlagen wird, lebensgefährlich. „Wer Waldflächen betritt, in denen Holz eingeschlagen wird, begibt sich in Lebensgefahr.“ Deshalb sperrt das Forstamt die Wege während der Arbeiten gut sichtbar ab. Waldbesucher werden gebeten, diese Absperrungen unbedingt zu beachten. Auch komme es rund um die Erntearbeiten immer wieder zu Einschränkungen oder verschmutzten Wegen. „Ganz ohne Spuren und Beeinträchtigungen der Waldwege geht es trotz aller Vorsicht nicht“, so Wildmann. Diese würden aber nach Abschluss der Arbeiten so schnell wie möglich beseitigt.
Neben Stammholz fällt bei der Ernte auch Brennholz an. Für viele Menschen in der Region ist das Holz aus heimischen Wäldern eine wichtige und nachhaltige Energiequelle. Ab dem 15. September bietet das Forstamt Rotenburg sein Brennholz online über die Seite hessenholz.de an. „Ab diesem Termin können interessierte Brennholzkunden über die Homepage Brennholz anfragen, solange der Vorrat in den zehn Revieren unseres Forstamtes reicht“, erklärt Wildmann. Die Preise sind gegenüber dem Vorjahr stabil geblieben. Buchenbrennholz kostet in diesen Saison 85 Euro je Kubikmeter, Hartlaubholz wie Birke oder Esche 70 Euro, Eiche 55 Euro und Nadelholz 45 Euro je Kubikmeter. Voraussetzung für die Aufarbeitung ist ein Motorsägenlehrgang, entsprechende Kurse bietet Hessen-Forstan.
Doch die Holzernte ist nicht nur Routinearbeit, sondern auch Teil einer langfristigen Strategie, mit der sich die Wälder in der Region gegen den Klimawandel wappnen sollen. Besonders die Buche, die mit rund 33 Prozent die häufigste Baumart in Hessen ist, zeigt inzwischen deutliche Stresssymptome. „Wenn die Temperaturen steigen und das Wasser knapp wird, schränken viele Bäume die Verdunstung von Wasser durch ihre Blätter ein, indem sie zum Beispiel ihre Spaltöffnungen weitgehend schließen“, erläutert Wildmann. Die Buche sei dazu jedoch nur sehr begrenzt in der Lage. Das habe fatale Folgen: Luft gelange in die Wasserleitbahnen, die Wasserzufuhr in die Krone sei dauerhaft gestört. „Die betroffenen Bäume vertrocknen dann von der Krone her und werden anfällig für Pilze und forstschädliche Insekten. Der Tod der Bäume ist leider unausweichlich.“
Auch in Waldmessen sind seit 2020 immer häufiger abgestorbene Buchen zu sehen. Das ist eine bedenkliche Entwicklung, zumal die Zukunftsaussichten kaum Entwarnung geben. „Die neuesten Klimaprojektionen bis zum Jahr 2070 prognostizieren ein Wasserdefizit von circa minus 260 Liter pro Quadratmeter“, erklärt Wildmann. Schon heute sei die Wasserversorgung vielerorts kritisch. In den Jahren 1981 bis 2010 habe das Defizit während der Vegetationszeit noch bei minus 100 Litern pro Quadratmeter gelegen – ein Zustand, unter dem die Buchen vergleichsweise gut zurechtkamen. Stabile Buchenbestände seien jedoch unter den neuen Bedingungen perspektivisch nicht zu erwarten.
Um die heimischen Wälder auf diese Zukunft vorzubereiten, setzt das Forstamt Rotenburg auf einen höheren Anteil an Mischbaumarten. In älteren Buchenbeständen werden deshalb kleinere Gruppen von Buchen gezielt entnommen, sogenannte Femellöcher geschaffen. „So entsteht ausreichend Licht für trockenresistentere Baumarten wie Eiche, Ahorn, Douglasie und Lärche.“ Der Vorteil: Die Holzernte wird lokal konzentriert, während andere Partien der Buchenwälder geschlossen, dunkel und kühl bleiben. Gesunde Buchen können so länger erhalten werden. In der nächsten Waldgeneration wächst dann ein strukturreicher Mischwald heran, den die Forstleute Dauerwald nennen. „Diese Wälder sind besonders resistent und dazu geeignet, mit den Auswirkungen des Klimawandels zurechtzukommen. Darüber hinaus haben sie aus einen hohen ökologischen Wert.“