Rotwild im Nebel

Landesbetrieb HessenForst

Wald und Gesellschaft: HessenForst lud zum Wald-Wild-Dialog

Die Forstämter Rotenburg, Melsungen, Neukirchen und Bad Hersfeld begrüßten am vergangenen Donnerstag in Braach rund 55 Gäste aus Politik, Verbänden und Medien, um ins Gespräch über die Bejagung des Rotwildes in Nordosthessen zu kommen.

Nachdem in den vergangenen Monaten immer wieder öffentliche Kritik an der Rotwildbejagung in Nordosthessen laut wurde, luden die Forstämter Rotenburg, Melsungen, Neukirchen und Bad Hersfeld zum Wald-Wild-Dialog nach Braach ein, um mit rund 55 Gästen aus Politik, Verbänden und Medien in einen gemeinsamen Austausch zu treten.

Petra Westphal, Leiterin des Forstamtes Melsungen, begrüßte die Gäste und führte in das Format Wald und Gesellschaft und das Thema des Abends ein.
Im ersten Vortrag gab Florian Koch, Leiter des Forstamts Neukirchen einen Überblick über die Ausgangslage im durch Borkenkäfer und Trockenheit geprägten Knüll. Dabei machte er deutlich, dass überhöhte Wildbestände die notwendige Wiederbewaldung und die Entwicklung klimastabiler Mischwälder erschwerten. Koch klärte die Anwesenden über die rechtlichen und fachlichen Zwänge bei der Entstehung eines Abschussplans auf. Insbesondere beleuchtete der Forstamtsleiter die zahlreichen Akteure und Gremien, die Einfluss auf den Abschussplan nehmen. Auch die messbaren Eingangsgrößen, die zu einem ausgewogenen Abschussplan führten, wurden dargelegt. Danach ging er auf die Besonderheit der Rotwild-Hegegemeinschaft Knüll ein, die als erste Hegegemeinschaft in Hessen einen Gruppenabschussplan einführte, bei dem alle Jagdausübungsberechtigten während des gesamten Jagdjahres gemeinsam in einer Gruppe jagen. Eine Abschussplanung, die der weiträumigen Lebensweise des Rotwildes Rechnung trage und Maßstäbe für andere Hegegemeinschaften setze.

Forstamtsleiter Steffen Wildmann brachte den Anwesenden die Ziele und Ansätze der Rotwildbewirtschaftung im Forstamt Rotenburg näher. Die Ausgangssituation im Forstamt sei ebenfalls geprägt durch die umfangreichen Waldschäden der letzten Jahre und durch ein zukünftig hohes Trockenstressrisiko für die Hauptbaumarten Fichte und Buche auf großen Teilen der Betriebsfläche. Mit Auszügen aus der aktuell laufenden Forsteinrichtung, einer turnusmäßigen Inventur des Waldes, machte er deutlich, wie stark die waldbaulichen Handlungsspielräume durch den Einfluss von Wildverbiss und Schäle eingeschränkt seien.
Die durch den enormen Einfluss von Rot- und Rehwild geprägten Waldbilder machten neben anderen Indikatoren deutlich, dass eine Anpassung der lokal hohen Wildbestände an den Lebensraum notwendig sei. Der Kern des Wildtiermanagements sei es, effizient und tierschutzgerecht zu jagen und mit Hilfe einer ausgefeilten Jagdzonierung dem Wild möglichst viel Ruhe zu ermöglichen. Bewegungsjagden spielten dabei eine Schlüsselrolle, da mit einer kurzen Beunruhigung des Wildes ein großer Beitrag zur Erfüllung der behördlich festgesetzten Abschusspläne geleistet werde. Darüber hinaus sorge man im Forstamt mit einem Waldwiesenprogramm aktiv für hochwertige Äsungsangebote für das Wild. Anhand der Streckenzusammensetzung des vergangenen Jagdjahres veranschaulichte Wildmann transparent, dass das Forstamt neben dem quantitativen Ziel, die Wildtierpopulation an den Lebensraum anzupassen auch das Ziel verfolge, gesunde Populationsstrukturen zu entwickeln. „Die Wiederbewaldung der umfangreichen Kalamitätsflächen und das Fit-machen der der Wälder für den Klimawandel ist eine Jahrhundertaufgabe für Jäger und Waldbesitzer. Dieser Aufgabe kann nur gemeinsam gelingen und ist ohne erkennbare Alternative. Am Ende können gesündere Wälder und bessere Wildlebensräume stehen.“, erklärte Wildmann und schloss damit seinen Vortrag ab.

In der anschließenden offenen Diskussion, die durch den Leiter des Forstamtes Bad Hersfeld, Oliver Scholz, moderiert wurde, konnten offene Fragen der Zuhörer geklärt und auch einige gemeinsame Sichtweisen entdeckt werden.

Michael Gerst, Leiter des Landesbetriebs HessenForst, fasste die wichtigsten Ergebnisse des Abends zusammen und ordnete sie in die landesweit bestehenden Herausforderungen für den hessischen Wald ein. Wildtierpopulationen, insbesondere die des Rotwildes, könnten nur großräumig und über Jagdgrenzen hinweg sinnvoll bewirtschaftet werden. Jagdkonzepte, die auf wildbiologischer Forschung basieren, sollten dafür die Grundlage bilden, so Gerst. Forstleute und Jägerschaft seien gefordert, gemeinsam dafür zu sorgen, den Wald als Klimaschützer und Rohstofflieferant aber auch als Lebensraum heimscher Wildtiere auch unter den Bedingungen des Klimawandels zu erhalten, betonte der Landesbetriebsleiter.

Nach knapp drei Stunden ging ein erfolgreicher Dialog zu Ende, der viele offene Fragen klären und das gegenseitige Verständnis – auch zum Wohle von Wald und Wild – fördern konnte.

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