Abgestorbene Fichten

Presseinformation: Faktencheck des Forstamts

Holzernte im Gemeindewald Lautertal diente dem Waldschutz

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Nachdem das Forstamt Lampertheim in einem Artikel des Bergsträsser Anzeiger heftig für Holzerntemaßnahmen im Gemeindewald Lautertal kritisiert wurde, rea-giert Forstamtsleiter Steffen Hering nun mit einem Faktencheck.

In dem am 20.02.2024 im Bergsträsser Anzeiger erschienenen Artikel „Aufgerissenes Kronendach gefährdet das WaldInnenklima“ wurde das Forstamt Lampertheim für Holzerntemaßnahmen im Naturschutzgebiet „Felsberg bei Reichenbach“ im Gemeindewald Lautertal heftig kritisiert. Forstamtsleiter Steffen Hering unterzieht einige der im Artikel getroffenen Aussagen nun einem Faktencheck.

Bergsträsser Anzeiger: „Es seien sowohl abgestorbene und auch augenscheinlich gesunde Fichten nicht nur entlang der Wege, sondern auch abseits der Wege gefällt worden, schreibt das Aktionsbündnis in einer Mitteilung.“

Steffen Hering: Es ist richtig, dass an drei Örtlichkeiten im Nordosten des Natur-schutzgebiets „Felsberg bei Reichenbach“ (Abteilungen 206 und 208, Gemeinde-wald Lautertal) Käferfichten entfernt wurden. Insgesamt wurden 96 Bäume mit rund 300 Festmetern gefällt. Das Forstamt Lampertheim setzt damit das mit der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt abgestimmte Waldschutzkonzept des Landesbetriebs HessenForst um. Die Hälfte der entnommenen Bäume stellten noch eine Gefahr für umliegende Fichtenbestände dar. In diesen Bäumen haben sich im letzten Jahr Borkenkäfer eingebohrt, um dort zu überwintern. Diese sogenannten „Stammüberwinterer“ fliegen im Frühjahr bei Temperaturen ab ca. 15°C aus und befallen dann umliegende Fichten. Um weitere Waldschäden zu vermeiden, ist es unbedingt notwendig, diese Bäume inklusive der unter der Borke eingebohrten Käfer zu entnehmen. Um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im dem Naturschutz- und FFH-Gebiet zu vermeiden, ist es zusätzlich von Nöten, das geerntete Holz zügig aus dem Wald abzufahren. Dies dient auch dem Schutz des nahen und in Flugreichweite der Käfer liegenden Privatwaldes. Bei der verbleibenden Hälfte der entnommenen Bäume handelt es sich um bereits abgestorbene Fichten, die aus Gründen des Arbeitsschutzes und der Waldbrandprävention geerntet wurden. Nicht zuletzt sollen die ohnehin abgestorbenenBäume einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden und den wertvollen und klimafreundlichen Rohstoff Holz liefern, anstatt den im Holz gebundenen Kohlenstoff durch Verrottung wieder in die Atmosphäre zu entlassen. Aufgrund des Förderprogramms „Klimaangepasstes Waldmanagement“ verbleiben rund 10% der Derbholzmasse aus diesem Holz im Wald als Totholz. Gemäß § 8 des Hessischen Waldgesetzes ist die Gemeinde Lautertal als Waldbesit-zerin überdies dazu verpflichtet, zu handeln und den Wald angemessen gegen eine Schädigung durch tierische und pflanzliche Schädlinge, Naturereignisse und Feuer zu schützen. Mit den Waldschutzmaßnahmen im Gemeindewald ist HessenForst als Dienstleister dieser rechtlichen Verpflichtung nachgekommen. Ob die Holzernte-maßnahmen direkt am Weg oder im Bestand stattgefunden haben, ist in diesem Fall unerheblich, da es sich um Waldschutz- und nicht um Verkehrssicherungsmaßnahmen genhandelt hat.

Bergsträsser Anzeiger: „Auf einem stark erosionsgefährdeten Steilhang in Süd-ostausrichtung mit starker Sonnenexposition seien abgestorbene Fichten gefällt worden.“

Steffen Hering: Die Experten des Forstamtes sehen an dem betroffenen Standort keine besondere Erosionsgefahr. Es ist davon auszugehen, dass sich auf dem Standort zügig krautige Pflanzen und Naturverjüngung einfinden werden, die einer Erosion entgegenwirken.

Bergsträsser Anzeiger: „Das Bündnis forderte, Einsicht in die FFH-Vorprüfung zu erhalten, die das zuständige Forstamt vor einem Eingriff erstellen muss, um eine Verschlechterung des Schutzgebiets auszuschließen.“

Steffen Hering: Es ist keine FFH-Vorprüfung vor einer Holzerntemaßnahme zu erstellen. Das hessische Umweltministerium hatte mit Erlass vom 25.08.2023 geregelt, dass bei der Waldbewirtschaftung in Natura 2000-Gebieten einzelfallweise Er-heblichkeitsabschätzungen durch Waldbesitzende durchzuführen sind. Die Bewertung, ob die geplanten Maßnahmen ein Natura 2000-Gebiet erheblich beeinträchtigen können und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen, liegt somit in der Eigenverantwortung der Waldbesitzenden bzw. ihrer betreuenden Dienstleister wie HessenForst. Die Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft für Naturschutz und Forst (LANA-FCK-Kontaktgruppe) hat für diesen Vorsorgeprozess eine Checkliste entwickelt. Ergibt sich aufgrund des eigenverantwortlichen Vorsorgeprozesses, dass geplante Maßnahmen eindeutig als unkritisch zu bewerten sind, können Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer diese durchführen. Das Forstamt Lampertheim hat vor Beginn der Maßnahme am 04.12.2023 eine Erheblichkeitsabschätzung gemäß dieser Checkliste durchgeführt. Im Ergebnis wurde die Fällung der Käferfichten eindeutig nicht als erhebliche Einschränkung der Lebensraumtypen durch Flächenverlust oder Verschlechterung der LRT-Strukturen bewertet. Die zuständigen Forstleute gehen sogar davon aus, dass durch die Entnahme der Fichten mit einer Erhöhung des Buchenanteils zu rechnen ist. Dies wäre ganz im Sinne der Naturschutzgebietsverordnung und des Bewirtschaftungsplans des FFH-Gebietes. Eine vorhergehende Beteiligung des Aktionsbündnis Lautertaler Wald ist nicht vereinbart und auch nicht vorgesehen. Dies liegt darin begründet, dass für das Unter-lassen notwendiger Waldschutzmaßnahmen nur die waldbesitzende Gemeinde bzw. HessenForst als Dienstleister und nicht das Aktionsbündnis haftbar gemacht werden kann.

Bergsträsser Anzeiger: „Forstamtsleiter Steffen Hering hatte in der Sitzung des Bau-, Umwelt- und Infrastrukturausschusses am 6. Februar der Gemeinde Lautertal vorgeschlagen, im FFH-Gebiet Felsberg Naturwaldflächen auszuweisen. Baumfällungen in Gebieten, die potenziell für eine baldige Naturwaldausweisung infrage kommen, sei für die Naturschutzgruppen in keinster Weise nachvollziehbar.“

Steffen Hering: Stilllegungen in einem Schutzgebiet sollten immer auch den Schutzzweck, in diesem Fall „naturnahe Buchenwälder“, fördern. Die Ausweisung eines Fichtenbestands als Naturwaldentwicklungsfläche würde dieses Schutzziel nicht fördern und der Verpflichtung der Waldeigentümerin zum Waldschutz entgegenstehen.

Bergsträsser Anzeiger: „Im Falle der Kahlfläche auf dem Steilhang sei mit schwerwiegenden Konsequenzen wie Austrocknung und Erosion des Bodens sowie Trockenschäden an den verbleibenden Bäumen zu rechnen.“

Steffen Hering: Wie bereits erläutert, ist nicht mit Erosion zu rechnen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass einzelne benachbarte Bäume infolge der plötzlichen Freistellung Schaden nehmen. Dies betrifft insbesondere Buchen, die jahrelang im Dichtschluss standen und nun disponiert für Sonnenbrand sind. Diese Schäden wären jedoch auch zu erwarten, wenn die Fichten als stehendes Totholz auf der Fläche verblieben wären. Durch den Nadelverlust könnten die toten Stämme umliegende Bäume nicht vor einstrahlendem Sonnenlicht schützen.

Bergsträsser Anzeiger: „Laut einem Beschluss der Gemeindevertretung aus dem Herbst 2023 sollen zeitnah Konzepte entwickelt werden, wie die Lautertaler FFH-Gebiete zukünftig effektiver geschützt werden können. Dieser Beschluss steht laut dem Aktionsbündnis im Widerspruch zu den aktuellen Fällmaßnahmen.“

Steffen Hering: Das Forstamt ist im Gespräch mit der Gemeinde, um konkrete, flä-chenscharfe Vorschläge für Waldstilllegungen als Kompensationsmaßnahmen zu entwickeln.

Bergsträsser Anzeiger: „Für die aktuellen Fällungen habe aus Gründen der Ver-kehrssicherungspflicht keine juristische Notwendigkeit bestanden […].“

Steffen Hering: Der Grund der Holzerntemaßnahmen war nicht die Verkehrssicherung. Die Fällungen dienten dem Waldschutz. Die juristische Notwendigkeit zum Waldschutz ist in § 8 HWaldG begründet.

Bergsträsser Anzeiger: „Es sei auch unverständlich, warum die Mitarbeiter gegen den öffentlich kommunizierten Vorschlag des Forstamtsleiters handelten.“

Steffen Hering: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Forstamtes handelten im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und des forstlichen Betreuungsauftrags durch die Gemeinde. Es wurden keine Handlungen vorgenommen, die meinem Vorschlag, Naturwälder als Kompensationsmaßnahmen in dem Schutzgebiet auszuweisen, entgegenstehen.

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